Globale Erwärmung

Aktuell steigt die Durchschnittstemperatur um 0,2°C pro Jahrzehnt

In der Animation ist der Temperaturunterschied zum Durchschnitt der Jahre 1951 bis 1980 zu sehen. Jedes Jahr repräsentiert einen Zeitraum von fünf Jahren. Zum Beispiel repräsentiert das Jahr 2023 den Durchschnitt der Jahre von 2019 bis 2023.

Anzeige Temperatur
expand
question mark

Unklare Definition

Die Begrenzung der Erderwärmung ist die größte Herausforderung der Menschheit im 21. Jahrhunderts. Angesichts der enormen Auswirkungen sollte man meinen, dass die Bedeutung des Begriffs globale Erwärmung allgemein bekannt ist. Vor allem, wenn in den unzähligen Berichten zum Zustand des Klimas vom "1,5°C-Ziel" oder „die globale Erwärmung muss auf 2°C begrenzt werden" die Rede ist.

Der Grund für die Unklarheiten ist einfach: Es gibt keine einheitliche Definition. Weder im Pariser Abkommen, wo die Formulierungen vage bleiben, noch beim Weltklimarat IPCC, dessen Definitionen sich im Laufe der Zeit ändern können.

Wie kann das sein?

Das Paris Abkommen

Im Rahmen des United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) einigten sich 195 Staaten im Pariser Abkommen darauf, die Erderwärmung deutlich unter 2°C zu halten. Diese 2015 geschlossene Übereinkunft gilt als großer Erfolg der internationalen Klimapolitik – trotz des Fehlens konkreter Maßnahmen.

Der Hauptgrund für das Fehlen verbindlicher Ziele im Abkommen sind die wirtschaftlichen Eigeninteressen der beteiligten Staaten. Länder, deren Einnahmen vom Verkauf fossiler Brennstoffe abhängen, haben je nach Regierung und Regierungsform meist kein großes Interesse daran, ihre Wirtschaft zu schwächen. Vor allem in autoritär geführten Staaten sind die Einnahmen für die Legitimation der Regierung essentiell. Da sich alle Staaten der Erde auf ein Abkommen einigen mussten, wurden viele Zugeständnisse gemacht, die dazu führten, dass die Aussagen immer unkonkreter wurden. Eine Ablehnung des Vertrages war jedoch aufgrund des ausländischen Drucks und des Ansehensverlustes bei den kritischen Staaten nicht erwünscht. So wurden nicht nur in Paris, sondern auf fast allen bisherigen Klimakonferenzen Verträge geschlossen - und als Erfolg verkauft -, die inhaltlich unkonkret gehalten wurden, um die Unterzeichnung durch alle Mitgliedsstaaten zu sichern.

Selbst der IPCC kritisiert im FAQ zu seinem 1.5°C-Sonderbericht die ungenaue Erklärung:

Im Rahmen des Übereinkommens von Paris einigten sich die Länder darauf, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, um den 'Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur deutlich unter 2°C über dem vorindustriellen Niveau [zu halten] und Anstrengungen [zu unternehmen], um den Temperaturanstieg auf 1,5°C über dem vor industriellen Niveau zu begrenzen'. Während die allgemeine Absicht, die weltweite Reaktion auf den Klimawandel zu verstärken, klar ist, wird im Übereinkommen von Paris nicht konkret definiert, worauf sich der Begriff 'globale Durchschnittstemperatur' bezieht, und ebenfalls nicht, welcher historische Zeitraum als 'vorindustriell' zu erachten ist.

Die aktuelle Definition des IPCC

Im Gegensatz zum Paris Abkommen wird die globale Erwärmung vom Weltklimarat IPCC genau beschrieben.

report

Laut seinem letzten Bericht bezieht sich die globale Erwärmung auf den Anstieg der Luft- und Meeresoberflächentemperatur im Bezugszeitraum der Jahre 1850-1900 (Nulllinie) im Vergleich zum Mittelwert der letzten 20 bis 30 Jahre. Aktuell wäre dies der Zeitraum zwischen 2015 und 2024. Der Zeitraum 1850-1900 wurde gewählt, da es für diesen Zeitraum bereits Temperaturaufzeichnungen gibt, aber keine nennenswerten menschengemachten CO2-Emissionen.

Der Vergleichszeitraum sollte 20 bis 30 Jahre betragen, um einen klaren Trend unabhängig von natürlichen Schwankungen zu erkennen.

Keine einheitlichen Vergleichszeiträume

Eine unveränderliche einheitliche Definition über die globale Erwärmung hat der IPCC hingegen nicht.

Vergleicht man den 1,5°C-Sonderbericht mit dem neusten 6. Sachstandsbericht, fällt auf das die Vergleichszeiträume verschieden gewählt wurden.

Uhren

unterschiedliche Vergleichszeiträume

Bericht Zeitraum Vorindustriell Vergleichszeitraum Lage des Vergleichszeitraums
Sonderbericht 1,5°C 1850-1900 30 Jahres Mittel schaut in Vergangenheit und Zukunft
AR 6 1850-1900 20 - 30 Jahresmittel schaut nur in die Vergangenheit
Die Textfassung der Definitionen zur globalen Erwärmung der beiden Bericht ist hier zu finden

Glossar SPM des 1,5°C-Sonderbericht (2019)

Die geschätzte Zunahme der mittleren globalen Oberflächentemperatur, gemittelt über einen Zeitraum von 30 Jahren, oder über einen Zeitraum von 30 Jahren, in dessen Mitte ein bestimmtes Jahr oder Jahrzehnt liegt, ausgedrückt relativ zum vorindustriellen Niveau, falls nicht anders angegeben. Für 30-Jahres-Zeiträume, die sich über vergangene und zukünftige Jahre erstrecken, wird davon ausgegangen, dass sich der aktuelle, über mehrere Jahrzehnte beobachtete Erwärmungstrend fortsetzt.

Das 30 Jahres Mittel wurde bei der Erstellung des 1,5°C-Sonderberichts um das Jahr 2010 gelegt (von 1996 bis 2025). Der Trend der vergangenen Jahre wurde zudem für den Zeitraum von 2017 bis 2031 angenommen.

Glossar des 6. Sachstandsbericht (2021)

Die globale Erwärmung bezieht sich auf den Anstieg der globalen Oberflächentemperatur im Vergleich zu einer Referenzperiode, gemittelt über einen Zeitraum, der ausreicht, um zwischenjährliche Schwankungen auszuschließen (z. B. 20 oder 30 Jahre). Eine übliche Wahl für die Basislinie ist 1850-1900 (der früheste Zeitraum zuverlässiger Beobachtungen mit ausreichender geografischer Abdeckung), wobei je nach Anwendung auch modernere Basislinien verwendet werden.

Warum gibt es vom IPCC keine einheitliche Definition zur globalen Erwärmung?

Die Festlegung der globalen Erwärmung ist keine Aufgabe von Wissenschaftlern. Diese liefern lediglich die Grundlagen, auf deren Basis die Politik handeln sollte, um eine Nachvollziehbarkeit bei der Einhaltung von Temperaturzielen z.B. im Paris-Abkommen zu gewährleisten.


Der IPCC gibt den aktuellen und sich ändernden Stand der Forschung zur Klimakrise wieder, der sich durch bessere Messmethoden, mehr Daten oder generell neue Erkenntnisse ändern kann. Die Aufgabe des IPCC ist es, den Trend zur Beschleunigung und Verstärkung der globalen Erwärmung darzustellen, damit Entscheidungsträger auf dieser Grundlage handeln können.

Der Unterschied zwischen globaler Erwärmung und Temperaturanstieg

info

Der IPCC unterscheidet klar zwischen "Temperaturerhöhung" und "globaler Erwärmung". In der Zusammenfassung des letzten IPCC-Berichts wird nicht die globale Erwärmung sondern der Temperaturanstieg von 2011-2020 (1,09°C) und 2001-2020 (0,99°C) zum Durchschnitt der Jahre 1850-1900 angegeben. Nur der Bereich 2001-2020 (20 Jahres-Mittel) wird nach der Definition im Glossar zur globalen Erwärmung gezählt, der Bereich 2011-2020 (10 Jahres-Mittel) jedoch nicht. Denn im Gegensatz zum Temperaturanstieg muss bei der globalen Erwärmung der Vergleichszeitraum zu 1850-1900 mindestens 20 Jahre betragen - beim Temperaturanstieg kann der Vergleichszeitraum frei gewählt werden.

Der Temperaturanstieg des 10 Jahres Mittel wurde angegeben, weil die Erwärmung schon seit 2012 keinem linearen Trend mehr folgt (die Werte liegen seitdem mindestens 0,2°C für den Zeitraum 1850-2020 über der Trendlinie). Ein längerer Bezugszeitraum von 20 oder 30 Jahren würde diese starke Veränderung nicht ausreichend widerspiegeln.

Die nicht einheitliche Definition führt dazu, dass Organisationen und Behörden unterschiedliche Bezugsräume angeben. Das Umweltbundesamt gibt die die Temperaturerhöhung in Deutschland mit ca. 2°C in folgenden Vergleichszeiträumen an: 1881-1900 zu 2011-2020. Im Vergleich dazu gibt der IPCC global 1,09°C (1850-1900 zu 2011-2020) an. Man kann erkennen, dass der Basis Zeitraum unterschiedlich gewählt worden ist. Dies liegt daran, dass es in Deutschland keine Wetteraufzeichnungen vor 1881 gibt.

Außerdem werden unterschiedliche Datensätze verwendet. Während das IPCC den Mittelwert aus acht verschiedenen Datensätzen bildet, beziehen sich andere Organisationen nur auf einen Datensatz.

Auch die Angaben der amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration sind nicht einheitlich. Sie gibt den Bezugsraum unabhängig vom IPCC mit 1901 bis 2000 an.

*Global und landesweit pro Jahr vom Durchschnitt 1901 bis 2000

Daten: NOAA National Centers for Environmental information, Climate at a Glance: Global Time Series, published Feb 2023, retrieved on July 01, 2023 from https://www.ncdc.noaa.gov/cag/

NOAA

weitere Beispiele von uneinheitlichen Bezugsräumen

Institut Bezugsraum Angabe Erderwärmung Datensätze Quelle
Umweltbundesamt 1850-1900 zu 2020 1,28°C Met Office Hadley Centre Link
Met Office Hadley Centre 1961-1990 zu 2020 0,92°C Met Office Hadley Centre Link
NASA 1951-1980 zu 2020 1,02°C NOAA GHCN v4 (meteorological stations) and ERSST v5 (ocean areas) Link
IPCC 1850-1900 zu 2001-2020 0,99°C HadCRUT5, NOAAGlobalTemp - Interim, GISTEMP v4, Berkeley Earth, China-MST, Kadow et al.,Cowtan-Way, Vaccaro et al Link
IPCC 1850-1900 zu 2011-2020 1,09°C HadCRUT5, NOAAGlobalTemp - Interim, GISTEMP v4, Berkeley Earth, China-MST, Kadow et al.,Cowtan-Way, Vaccaro et al Link

Aussichten

Die beiden folgenden Tabellen zeigen das verbleibende Kohlenstoffbudget und die globale Erwärmung für verschiedene Szenarien der möglichen zukünftigen Entwicklung der Treibhausgase. Es werden nur die aus heutiger Sicht plausibelsten Szenarien dargestellt.

Kohlenstoffbudget

Auf Grundlage der historischen CO2-Emissionen und des gemessenen Temperaturanstiegs lassen sich Rückschlüsse auf die zukünftige Erwärmung ziehen. Das Kohlenstoffbudget gibt an, wie viel CO2 noch ausgestoßen werden darf, bevor bestimmte Temperaturgrenzen überschritten werden. Der genaue Zeitpunkt hängt jedoch von den zukünftigen jährlichen Emissionen ab.

Kohlenstoffbudget

Ungefähre Erderwärmung* Geschätzte verbleibende Kohlenstoffbudgets ab Anfang 2020 (GtCO2)*
Wahrscheinlichkeit einer Begrenzung
der globalen Erwärmung auf die Temperaturgrenze
50% 67% 83%
1,5°C 500 400 300
1,7°C 850 700 550
2°C 1350 1150 900

* im Vergleich zu 1850-1900 bis Temperatur Grenzwert (°C) erreicht ist

Das Mercator-Institut schätzt den jährlichen globalen CO2-Ausstoß derzeit auf 42,2 Gigatonnen.


Basierend auf dieser Schätzung ergibt sich folgendes Zeitfenster bis zur Überschreitung der 1,5°C-Marke:


bei einer 67-prozentigen Wahrscheinlichkeit

bei einer 83-prozentigen Wahrscheinlichkeit

Szenarien

Ein weiterer Ansatz zur Vorhersage der globalen Erwärmung ist die Annahme verschiedener Zukunftsszenarien. Der IPCC hat fünf mögliche Entwicklungspfade (sogenannte SSPs, socio-economic pathways) definiert, die von einer starken Reduktion der Treibhausgasemissionen (SSP1) bis zu einer starken Erhöhung (SSP5) reichen. Das derzeit wahrscheinlichste Szenario ist SSP2, das von einer moderaten Reduktion der Emissionen ausgeht.

Szenarien

globale Erwärmung nach Szenario

2021-2040
kurzfristig
2041-2060
mittelfristig
2081-2100
langfristig
Szenario Beste Schätzung [°C] Wahrscheinliche Spannbreite [°C] Beste Schätzung [°C] Wahrscheinliche Spannbreite [°C] Beste Schätzung [°C] Wahrscheinliche Spannbreite [°C]
SSP1 1.5 1.2 - 1.8 1.7 1.3 - 2.2 1.8 1.3 - 2.4
SSP2 1.5 1.2 - 1.8 2.0 1.6 - 2.5 2.7 2.1 - 3.5
SSP3 1.5 1.2 - 1.8 2.1 1.7 - 2.6 3.6 2.8 - 4.6

Bei Betrachtung beider Tabellen wird schnell deutlich, dass der Temperaturanstieg das 1.5°C Ziel bei aktuellen Emissionen übersteigen wird. Im Jahr 2100 wird die globale Durchschnittstemperatur lt. aktuellen Berechnungen wahrscheinlich bei 2.7°C (SSP2) liegen. Auch der Climate Action Tracker geht bei den derzeitigen politischen Maßnahmen von einer Erwärmung um 2,9°C aus, und selbst bei Einhaltung aller Verpflichtungen und Ziele würde die Erwärmung bis 2100 etwa 2,4°C betragen.

Wichtig zu beachten ist, dass die 1,5°C-Marke als 20-jähriges Mittel definiert ist. Das bedeutet, dass innerhalb dieses Zeitraums die Durchschnittstemperatur aufgrund natürlicher Schwankungen einmal höher oder niedriger ausfallen kann..

Historische Erderwärmung

2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023
1.03 1.18 1.29 1.20 1.12 1.25 1.28 1.12 1.16 1.46

Im folgendem Beispiel hätten wir schon 2027 das 1.5°C-Ziel in einem Jahr überschritten (Temperaturerhöhung). Bei der globalen Erwärmung würde das eigentliche 20 Jahre Mittel von 1.5°C noch vor 2040 erreicht werden (Alle Temperaturen von 2021 von 2040 addiert und geteilt durch 20).

Nach dem Potsdam Institut für Klimafolgenforschung könnte eine Temperaturerhöhung von 1,5°C schon 2024 erfolgen. Der Grund ist das Wetterphänomen "El Nino", das zu zahlreichen extremen Wetterereignissen führt und die globale Temperatur kurzfristig erhöht. Bereits 2023 lag die Temperaturerhöhung mit 1,46°C nur knapp unter 1,5°C.

fiktiver Verlauf ab 2024

2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030
1.1 1.2 1.5 1.5 1.3 1.4 1.6 1.5 1.5 1.7
2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040
1.7 1.6 1.5 1.8 1.7 1.5 1.7 1.8 1.9 1.9

Warming Stripes

Erklärung

Die "Warming Stripes" wurden entwickelt, um die globale Erwärmung einfach visuell darzustellen. Dabei stehen blaue Farbtöne für niedrigere Temperaturen und rote Farbtöne für höhere Temperaturen. Der hier verwendete Datensatz stammt aus dem "HadCrut"-Projekt (Hadley Centre/Climatic Research Unit Temperature), der die monatliche Abweichung der globalen Oberflächentemperatur von Land und Meer anzeigt. Als Bezugspunkt dient der Durchschnitt der Oberflächentemperaturen der Jahre 1961 bis 1990. Im August 2023 war es beispielsweise global um 1,2°C wärmer als in diesem Vergleichszeitraum. Je größer die Abweichung, desto intensiver ist der Farbton in den Klimastreifen.

Quelle

HadCRUT 5.0

Programmierung

observable@fkohlgrueber

Ein Strich repräsentiert

Monat(e)

Grafikhöhe verstellen:

Farbpalette verstellen

Download Image Download SVG