Globale Erwärmung

Aktuell steigt die Durchschnittstemperatur um 0,2°C pro Jahrzehnt

In der Animation ist der Temperaturunterschied zum Durchschnitt der Jahre zwischen 1951 und 1980 zu sehen. Jedes Jahr zeigt einen Zeitraum von 5 Jahren z.B. das Jahr 2021 repräsentiert die Jahre zwischen 2017 und 2021.

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Unklare Definition

Die Begrenzung der Erderwärmung ist die größte Herausforderung der Menschheit im 21. Jahrhunderts. Angesichts der enormen Auswirkungen sollte man meinen, dass die Bedeutung des Begriffs globale Erwärmung allgemein bekannt ist. Vor allem, wenn in den unzähligen Berichten zum Zustand des Klimas vom "1,5°C-Ziel" oder „die globale Erwärmung muss auf 2°C begrenzt werden" die Rede ist.

Der Grund für die Unklarheiten ist sehr einfach: Es gibt keine einheitliche Definition. Weder von politischer Seite im Paris Vertrag (zu unklar), noch von Seiten des Weltklimarats IPCC (kann sich im Laufe der Zeit ändern).

Wie kann das sein?

Das Paris Abkommen

Unter der Schirmherrschaft des United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) einigten sich 195 Staaten mit dem Paris Abkommen die Erderwärmung deutlich unter 2°C zu halten. Die 2015 geschlossene Übereinkunft wurde eines der größten Erfolge der internationalen Klimapolitik - trotz des Fehlens von konkreten Maßnahmen.

Der Hauptgrund für die fehlenden Ziele im Klimavertrag sind die wirtschaftlichen Eigeninteressen der einzelnen Staaten. Länder, deren Einnahmen vom Verkauf fossiler Brennstoffe abhängen, haben je nach Regierung und Regierungsform meist kein großes Interesse daran, ihre Wirtschaft zu schwächen. Vor allem in diktatorisch regierten Staaten sind die Einnahmen für die Legitimation der Regierung essentiell. Da sich alle Staaten der Erde auf ein Abkommen einigen mussten, wurden viele Zugeständnisse gemacht, die dazu führten, dass die Aussagen immer unkonkreter wurden. Eine Ablehnung des Vertrages war jedoch aufgrund des ausländischen Drucks und des Ansehensverlustes bei den kritischen Staaten nicht erwünscht. So wurden nicht nur in Paris, sondern auf fast allen bisherigen Klimakonferenzen Verträge geschlossen - und als Erfolg verkauft -, die inhaltlich unkonkret gehalten wurden, um die Unterzeichnung durch alle Mitgliedsstaaten zu sichern.

Selbst der IPCC kritisiert im FAQ zu seinem 1.5°C-Sonderbericht die ungenaue Erklärung:

Im Rahmen des Übereinkommens von Paris einigten sich die Länder darauf, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, um den 'Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur deutlich unter 2°C über dem vorindustriellen Niveau [zu halten] und Anstrengungen [zu unternehmen], um den Temperaturanstieg auf 1,5°C über dem vor industriellen Niveau zu begrenzen'. Während die allgemeine Absicht, die weltweite Reaktion auf den Klimawandel zu verstärken, klar ist, wird im Übereinkommen von Paris nicht konkret definiert, worauf sich der Begriff 'globale Durchschnittstemperatur' bezieht, und ebenfalls nicht, welcher historische Zeitraum als 'vorindustriell' zu erachten ist.

Die aktuelle Definition des IPCC

Im Gegensatz zum Paris Abkommen wird die globale Erwärmung vom Weltklimarat IPCC genau beschrieben.

report

Laut seinem letzten Bericht bezieht sich die globale Erwärmung auf den Anstieg der Luft- und Meeresoberflächentemperatur im Bezugszeitraum der Jahre 1850-1900 (Nulllinie) im Vergleich zum Mittelwert der letzten 20 bis 30 Jahre. Aktuell wäre dies der Zeitraum zwischen 2014 und 2023. Der Zeitraum 1850-1900 wurde gewählt, da es für diesen Zeitraum bereits Temperaturaufzeichnungen gibt, aber keine nennenswerten menschengemachten CO2-Emissionen.

Der Vergleichszeitraum sollte 20 bis 30 Jahre betragen, um einen klaren Trend unabhängig von natürlichen Schwankungen zu erkennen.

Keine einheitlichen Vergleichszeiträume

Eine unveränderliche einheitliche Definition über die globale Erwärmung hat der IPCC hingegen nicht.

Vergleicht man den 1,5°C-Sonderbericht mit dem neusten 6. Sachstandsbericht, fällt auf das die Vergleichszeiträume verschieden gewählt wurden.

Uhren

unterschiedliche Vergleichszeiträume

Bericht Zeitraum Vorindustriell Vergleichszeitraum Lage des Vergleichszeitraums
Sonderbericht 1,5°C 1850-1900 30 Jahres Mittel schaut in Vergangenheit und Zukunft
AR 6 1850-1900 20 - 30 Jahresmittel schaut nur in die Vergangenheit
Die Textfassung der Definitionen zur globalen Erwärmung der beiden Bericht ist hier zu finden

Glossar SPM des 1,5°C-Sonderbericht (2019)

Die geschätzte Zunahme der mittleren globalen Oberflächentemperatur, gemittelt über einen Zeitraum von 30 Jahren, oder über einen Zeitraum von 30 Jahren, in dessen Mitte ein bestimmtes Jahr oder Jahrzehnt liegt, ausgedrückt relativ zum vorindustriellen Niveau, falls nicht anders angegeben. Für 30-Jahres-Zeiträume, die sich über vergangene und zukünftige Jahre erstrecken, wird davon ausgegangen, dass sich der aktuelle, über mehrere Jahrzehnte beobachtete Erwärmungstrend fortsetzt.

Das 30 Jahres Mittel wurde bei der Erstellung des 1,5°C-Sonderberichts um das Jahr 2010 gelegt (von 1996 bis 2025). Der Trend der vergangenen Jahre wurde zudem für den Zeitraum von 2017 bis 2031 angenommen.

Glossar des 6. Sachstandsbericht (2021)

Die globale Erwärmung bezieht sich auf den Anstieg der globalen Oberflächentemperatur im Vergleich zu einer Referenzperiode, gemittelt über einen Zeitraum, der ausreicht, um zwischenjährliche Schwankungen auszuschließen (z. B. 20 oder 30 Jahre). Eine übliche Wahl für die Basislinie ist 1850-1900 (der früheste Zeitraum zuverlässiger Beobachtungen mit ausreichender geografischer Abdeckung), wobei je nach Anwendung auch modernere Basislinien verwendet werden.

Doch warum gibt es vom IPCC keine einheitliche Definition zur globalen Erwärmung?

Es ist nicht Aufgabe von Wissenschaftlern die globale Erwärmung fest zu definieren. Die Politik ist dazu verantwortlich, um z.B. im Paris-Abkommen eine Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, wann eine Temperaturgrenze überschritten wird.


Der IPCC gibt den aktuellen und sich ändernden Stand der Forschung zur Klimakrise wieder, der sich durch bessere Messmethoden, mehr Daten oder generell neue Erkenntnisse ändern kann. Die Aufgabe des IPCC ist es, den Trend zur Beschleunigung und Verstärkung der globalen Erwärmung darzustellen, damit Entscheidungsträger auf dieser Grundlage handeln können.

Der Unterschied zwischen globaler Erwärmung und Temperaturanstieg

info

Der IPCC unterscheidet klar zwischen "Temperaturerhöhung" und "globaler Erwärmung". In der Zusammenfassung des letzten IPCC-Berichts wird nicht die globale Erwärmung sondern der Temperaturanstieg von 2011-2020 (1,09°C) und 2001-2020 (0,99°C) zum Durchschnitt der Jahre 1850-1900 angegeben. Nur der Bereich 2001-2020 (20 Jahres-Mittel) wird nach der Definition im Glossar zur globalen Erwärmung gezählt, der Bereich 2011-2020 (10 Jahres-Mittel) jedoch nicht. Denn im Gegensatz zum Temperaturanstieg muss bei der globalen Erwärmung der Vergleichszeitraum zu 1850-1900 mindestens 20 Jahre betragen - beim Temperaturanstieg kann der Vergleichszeitraum frei gewählt werden.

Der Temperaturanstieg des 10 Jahres Mittel wurde angegeben, weil die Erwärmung schon seit 2012 keinem linearen Trend mehr folgt (die Werte liegen seitdem mindestens 0,2°C für den Zeitraum 1850-2020 über der Trendlinie). Ein längerer Bezugszeitraum von 20 oder 30 Jahren würde diese starke Veränderung nicht ausreichend widerspiegeln.

Die nicht einheitliche Definition führt dazu, dass Organisationen und Behörden unterschiedliche Bezugsräume angeben. Das Umweltbundesamt gibt die die Temperaturerhöhung in Deutschland mit ca. 2°C in folgenden Vergleichszeiträumen an: 1881-1900 zu 2011-2020. Im Vergleich dazu gibt der IPCC global 1,09°C (1850-1900 zu 2011-2020) an. Man kann erkennen, dass der Basis Zeitraum unterschiedlich gewählt worden ist. Dies liegt daran, dass es in Deutschland keine Wetteraufzeichnungen vor 1881 gibt.

Außerdem werden unterschiedliche Datensätze verwendet. Während das IPCC den Mittelwert aus acht verschiedenen Datensätzen bildet, beziehen sich andere Organisationen nur auf einen Datensatz.

Auch die Angaben der amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration sind nicht einheitlich. Sie gibt den Bezugsraum unabhängig vom IPCC mit 1901 bis 2000 an.

*Global und landesweit pro Jahr vom Durchschnitt 1901 bis 2000

Daten: NOAA National Centers for Environmental information, Climate at a Glance: Global Time Series, published Feb 2023, retrieved on July 01, 2023 from https://www.ncdc.noaa.gov/cag/

NOAA

weitere Beispiele von uneinheitlichen Bezugsräumen

Institut Bezugsraum Angabe Erderwärmung Datensätze Quelle
Umweltbundesamt 1850-1900 zu 2020 1,28°C Met Office Hadley Centre Link
Met Office Hadley Centre 1961-1990 zu 2020 0,92°C Met Office Hadley Centre Link
NASA 1951-1980 zu 2020 1,02°C NOAA GHCN v4 (meteorological stations) and ERSST v5 (ocean areas) Link
IPCC 1850-1900 zu 2001-2020 0,99°C HadCRUT5, NOAAGlobalTemp - Interim, GISTEMP v4, Berkeley Earth, China-MST, Kadow et al.,Cowtan-Way, Vaccaro et al Link
IPCC 1850-1900 zu 2011-2020 1,09°C HadCRUT5, NOAAGlobalTemp - Interim, GISTEMP v4, Berkeley Earth, China-MST, Kadow et al.,Cowtan-Way, Vaccaro et al Link

Aussichten

Die beiden folgenden Tabellen zeigen das verbleibende Kohlenstoffbudget und die globale Erwärmung für verschiedene Szenarien der möglichen zukünftigen Entwicklung der Treibhausgase. Es werden nur die aus heutiger Sicht plausibelsten Szenarien dargestellt.

Kohlenstoffbudget

Setzt man die historischen CO2-Emissionen und den gemessenen Temperaturanstieg in Beziehung, lassen sich aus diesen Werten Rückschlüsse auf zukünftige Entwicklungen ziehen. Mit dem Wert des Kohlenstoffbudget kann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Aussage über die Globale Erwärmung in der Zukunft getroffen werden. Der genau Zeitpunkt ist jedoch von den jährlichen CO2-Emissionen abhängig.

Kohlenstoffbudget

Ungefähre Erderwärmung* Geschätzte verbleibende Kohlenstoffbudgets ab Anfang 2020 (GtCO2)*
Wahrscheinlichkeit einer Begrenzung
der globalen Erwärmung auf die Temperaturgrenze
50% 67% 83%
1,5°C 500 400 300
1,7°C 850 700 550
2°C 1350 1150 900

* im Vergleich zu 1850-1900 bis Temperatur Grenzwert (°C) erreicht ist

Zur Einschätzung des Kohlenstoffbudgets:
Das Mercator Institut geht bei seinen Berechnungen von einem jährlichen CO2-Ausstoß von 42,2 Gigatonnen aus.


Damit verbleiben Stand jetzt bis 1,5°C erreicht sind


bei einer 67-prozentigen Wahrscheinlichkeit

bei einer 83-prozentigen Wahrscheinlichkeit

Szenarien

Ein anderer Ansatz ist es bestimmte Zukunftsszenarien anzunehmen. Der IPCC hat fünf verschiedene Entwicklungspfade (SSP bzw. socio-economic pathways) ausgearbeitet. Geordnet sind diese nach den Treibhausgas-Emissionen in der Zukunft von SSP1 (starke Reduktion) bis SSP5 (starke Erhöhung). Das wahrscheinlichste Szenario ist zur Zeit das SSP2.

Szenarien

globale Erwärmung nach Szenario

2021-2040
kurzfristig
2041-2060
mittelfristig
2081-2100
langfristig
Szenario Beste Schätzung [°C] Wahrscheinliche Spannbreite [°C] Beste Schätzung [°C] Wahrscheinliche Spannbreite [°C] Beste Schätzung [°C] Wahrscheinliche Spannbreite [°C]
SSP1 1.5 1.2 - 1.8 1.7 1.3 - 2.2 1.8 1.3 - 2.4
SSP2 1.5 1.2 - 1.8 2.0 1.6 - 2.5 2.7 2.1 - 3.5
SSP3 1.5 1.2 - 1.8 2.1 1.7 - 2.6 3.6 2.8 - 4.6

Bei Betrachtung beider Tabellen wird schnell deutlich, dass der Temperaturanstieg das 1.5°C Ziel bei aktuellen Emissionen übersteigen wird. Im Jahr 2100 wird die globale Durchschnittstemperatur lt. aktuellen Berechnungen wahrscheinlich bei 2.7°C (SSP2) liegen. Auch der Climate Action Tracker geht mit den aktuellen politischen Maßnahmen von einer Durchschnittstemperatur von 2.9°C und bei Einhaltung aller Verpflichtungserklärungen und Ziele von 2.4°C Durchschnittstemperatur im Jahr 2100 aus.

Zu beachten ist, dass mit z.B. 1.5°C das 20-jährige Mittel gemeint ist. In diesen 20 Jahren kann die globale Durchschnittstemperatur aufgrund der natürlichen Schwankungen des Systems einmal höher oder niedriger sein.

Historische Erderwärmung

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
0.98 1.03 1.18 1.29 1.20 1.12 1.25 1.28 1.12 1.16

Im folgendem Beispiel hätten wir schon 2027 das 1.5°C-Ziel in einem Jahr überschritten (Temperaturerhöhung). Bei der globalen Erwärmung würde das eigentliche 20 Jahre Mittel von 1.5°C erst 2040 erreicht werden (Alle Temperaturen von 2021 von 2040 addiert und geteilt durch 20).

Nach dem Potsdam Institut für Klimafolgenforschung könnte eine Temperaturerhöhung von 1,5°C schon 2024 erfolgen. Der Grund ist das Wetterphänomen "El Nino", das zu zahlreichen extremen Wetterereignissen führt und die globale Temperatur kurzfristig erhöht

fiktiver Verlauf ab 2023

2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030
1.1 1.2 1.2 1.4 1.3 1.4 1.6 1.5 1.3 1.6
2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040
1.7 1.3 1.5 1.8 1.7 1.5 1.7 1.8 1.9 1.9

Warming Stripes

Erklärung

Die Klimastreifen (oder "warming stripes") wurden entwickelt, um die globale Erwärmung auf einfache Weise darzustellen. Es werden blaue Farbabstufungen für niedrige Temperaturen und rote Farbabstufungen für hohe Temperaturen verwendet. Hier wurde der Datensatz "HadCrut" (Hadley Centre/Climatic Research Unit Temperature) verwendet. Dieser gibt die monatliche Abweichung der Oberflächentemperatur der gesamten Erde von Land sowie Wasser wieder. Als Bezug bzw. Nullpunkt dient die gemittelte Oberflächentemperatur der Jahre 1961-1990. Zum Beispiel war es im August 2023 global um 1,2 Grad wärmer als im Vergleichszeitraum. Je größer die Abweichung, desto intensiver ist der dargestellte Farbton.

Quelle

HadCRUT 5.0

Programmierung

observable@fkohlgrueber

Ein Strich repräsentiert

Monat(e)

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