die Geschichte des Klimaschutzes

Einleitung

Warum arbeiten die Staaten beim Klimaschutz nicht zusammen?

Ein wichtiger Grund ist, dass die Vereinten Nationen eine Zusammenarbeit rechtlich nicht erzwingen können. Außerdem verfolgen die einzelnen Staaten eher nationale als globale Interessen. So ist es sehr schwierig, Länder, deren Wirtschaft stark von fossilen Brennstoffen abhängt, davon zu überzeugen, ihre wirtschaftlichen Interessen zum Wohle der Menschheit zurückzustellen.

Die Konflikte zwischen den verschiedenen Staaten auf den Klimakonferenzen werden unter anderem bei der Bewertung der IPCC-Berichte deutlich. Auf dem 24. Klimagipfel in Polen wollten die USA, Saudi-Arabien, Russland und Kuwait den Sonderbericht des IPCC zur 1,5°C-Erwärmung nur "zur Kenntnis nehmen", statt ihn zu "begrüßen". Letztlich wurde nur die "rechtzeitige Fertigstellung" begrüßt und die Staaten aufgefordert, den Bericht für die weiteren Diskussionen im Rahmen der UNFCCC zu nutzen.

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Einflussnahme auf den Klimaschutzgipfeln

Die Bemühungen zu mehr Klimaschutz werden stark durch die Anwesenheit von Lobbyisten der fossilen Industrie auf Klimaschutzgipfeln (COP) beeinträchtigt. Eine Analyse der NGO Corporate Europe ergab, dass während der letzten COP in Ägypten im Jahr 2022 insgesamt 636 Vertreter der fossilen Brennstofflobby anwesend waren - keine Länderdelegation hatte mehr Teilnehmer. Darüber hinaus haben 18 der 20 Unternehmenspartner bei den Klimaverhandlungen in Ägypten Verbindungen zur Öl- und Gasindustrie, wie z.B. Coca-Cola.

Eine Verbesserung der Situation ist in naher Zukunft nicht absehbar, wie die bevorstehenden COP 28 in den Vereinigten Arabischen Emiraten zeigt: Der Vorsitzende der UN-Klimaverhandlungen ist zugleich der Leiter der staatlichen Ölgesellschaft des Landes.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Finanzwelt. Auf ihrer Webseite schreibt die NGO Corporate Europe zur vorletzten COP 26 in Glasgow:

Unter der Führung des ehemaligen Gouverneurs der Bank of England, Mark Carney, und des Wall‐Street‐ Finanzmagnaten Mike Bloomberg übernahm die sogenannte Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) die Leitung der Governance‐Agenda für das private Finanzwesen. Dadurch wurde einigen der weltweit wichtigsten Investoren in fossile Brennstoffe und Entwaldung die Verantwortung für die Reform des Finanzsektors zur Bewältigung der Klimakrise überlassen, während öffentlichen Stellen nur noch eine beratende Rolle zugesprochen wurde.

Der Unterschied zwischen Unterschrift und Ratifikation

Die Unterzeichnung eines Klimavertrages ist rechtlich nicht bindend und drückt lediglich die Bereitschaft eines Staates aus, den Vertragsprozess fortzusetzen und den Inhalt anzuerkennen. Nach der Unterzeichnung des Vertrags behandelt jeder Staat den Vertrag nach seinen eigenen nationalen Verfahren, z.B. durch die Zustimmung des Parlaments. Nach der Genehmigung im Rahmen der internen Verfahren eines Staates teilt dieser den anderen Vertragsparteien mit, dass sie damit einverstanden sind, durch den Vertrag gebunden zu sein. Dies wird als Ratifizierung bezeichnet und der Vertrag ist nun offiziell für den Staat verbindlich.

Was heißt "rechtlich bindend" in den Klimaverträgen?

Seit der Gründung des UNFCCC bzw. dem ersten Klimavertrag von Rio 1992 bauen die verschiedenen Klimaverträge aufeinander auf. Die Wirksamkeit der Verträge hängt jedoch von deren rechtlicher Formulierung ab.

Das Pariser Abkommen ist ein gutes Beispiel, um dies zu verdeutlichen: Der Vertrag ist für die unterzeichnenden Staaten zunächst rechtlich kaum bindend. Die Vereinbarung sieht keine Sanktionen wie Gebühren oder Embargos für Staaten vor, die gegen seine Bestimmungen verstoßen, und es gibt kein internationales Gericht oder ein internationales Gremium, das die Einhaltung des Abkommens durchsetzen könnte. Gehalten wird die Paris-Vereinbarung nur über politische Gründe wie Eigeninteressen, öffentlicher Druck, das internationale Ansehen, sowie die Möglichkeit, dass Staaten bei UN-Versammlungen nachteilig für ein Land abstimmen können, dessen Klimaschutzmaßnahmen unzureichend sind.

Erst nach der Ratifizierung in den einzelnen Ländern wird das Pariser Abkommen in nationales Recht umgesetzt und ist damit verbindlich.

Diese Struktur kann aber auch positive Aspekte haben: Eine feste rechtliche Bindung an ein bestimmtes Emissionsziel kann dazu führen, dass Länder ihre Ambitionen zu niedrig ansetzen, weil sie bei Nichteinhaltung haftbar gemacht werden können.

Nur die folgenden Elemente des Übereinkommens von Paris sind rechtlich bindend. Sie beziehen sich in erster Linie auf die Übermittlung von Klimazielvereinbarungen (Nationally Determined Contribution oder NDC).

  • Klimazielvereinbarungen vorbereiten, kommunizieren und aufrechterhalten
  • Verfolgung von nationalen Minderungsmaßnahmen
  • Bereitstellung der notwendigen Informationen für Klarheit, Transparenz und Verständnis
  • Kommunikation einer neuen Klimazielvereinbarung alle 5 Jahre
  • Bereitstellung von Informationen, die erforderlich sind, um die Fortschritte bei der Umsetzung des NDC zu verfolgen

1968 - Die UN beschäftigt sich erstmals mit Umweltproblemen

Der erste Umweltbericht der UN

UN-1968

Auf den Vorschlag Schwedens legt die UN einen Bericht mit dem Titel Activities of United Nations Organizations and Programmes Relevant to the Human Environment vor. Der Bericht beschäftigt sich mit den negativen Auswirkungen der Arbeits- und Lebensbedingungen in immer größer werdenden Städten auf die Gesundheit. Im Mittelpunkt steht das ungeplante und unkontrollierte Wachstum der Städte, das zu Luftverschmutzung, Verkehrsstaus, hohen Lärmpegeln, steigenden Unfallzahlen und psychischen Belastungen sowie zunehmender Kriminalität führt.

1972 - First Earth Summit & Gründung der UNEP

Ausgehend von dem 1968 vorgelegten Bericht wurde die Einberufung einer UN-Wissenschaftskonferenz über die menschliche Umwelt gefordert. Diese fand 1972 in Stockholm statt und ist bis heute als "First Earth Summit" bekannt. Dort wurden erstmals allgemeine umweltpolitische Ziele zur Erhaltung und Verbesserung der menschlichen Umwelt sowie ein Aktionsplan mit Empfehlungen für internationale Umweltmaßnahmen festgelegt. Obwohl diese Ziele nicht verbindlich waren, führte die Konferenz zu einer deutlichen Steigerung des Umweltbewusstseins.

Außerdem wurden das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), der Umweltfonds und der Umweltkoordinierungsrat gegründet. Die UNEP organisiert Konferenzen zu Themen wie Artenschutz, Luftverschmutzung, nachhaltige Entwicklung, Trinkwasserversorgung und Verbesserung der sanitären Einrichtungen weltweit.

UN-Bericht über die menschliche Umwelt

UN-1972

Die 70er - Die Ölindustrie erforscht den Kohlenstoffkreislauf

Bereits Anfang der 1970er Jahre beauftragten die großen Ölkonzerne eigene Wissenschaftler mit der Erforschung der Auswirkungen von Treibhausgasen auf die Atmosphäre und das Klima. Neben Shell und BP war besonders Exxon führend in der Forschung.1,2 1978 schickte der wissenschaftliche Berater J. F. Black einen Bericht an den Vizepräsidenten der Exxon Research and Engineering Company, in dem er feststellte, dass es einen allgemeinen wissenschaftlichen Konsens über die wahrscheinlichen Auswirkungen der menschlichen Verbrennung fossiler Brennstoffe auf das globale Klima gibt. Weitere Forschung ist jedoch notwendig, um mehr Informationen zu erhalten und die Vorhersagen zu präzisieren.3

Exxon-Memo über den Treibhauseffekt

Exxon Research-1978

Auf der Seite von Greenpeace und dem Guardian kann man weitere Informationen zur Geschichte der Ölindustrie erfahren.

1979 - First World Climate Conference: Die Wissenschaft erkennt die Gefahren auf das Klima durch den Menschen an

Auszug aus dem Bericht der WMO in Genova

WMO-Appeal-1979

Im Jahr 1979 wurde auf der ersten Weltklimakonferenz offiziell anerkannt, dass der Mensch das Klima beeinflusst. Dies führte zur Einrichtung eines Weltklimaprogramms. Die wissenschaftliche Versammlung hatte "die ernste Sorge, dass die fortgesetzte Ausweitung der menschlichen Aktivitäten auf der Erde zu erheblichen regionalen und sogar globalen Klimaveränderungen führen könnte" und forderte die Staaten auf "mögliche vom Menschen verursachte Veränderungen des Klimas, die sich nachteilig auf das Wohlergehen der Menschheit auswirken könnten, vorherzusehen und zu verhindern". Die Auswirkung der Verbrennung fossiler Brennstoffe auf den Treibhauseffekt und somit der globalen Temperatur war bekannt, obwohl es noch "keine experimentellen Beweise für eine Beeinflussung des Weltklimas durch menschliche Aktivitäten gibt".

Auszug aus dem Bericht der WMO in Genova

WMO-1979

Darauf aufbauend finden zwischen 1980 und 1990 mehrere zwischenstaatliche Konferenzen zum Klimawandel statt, die weiter Aufmerksamkeit auf das Thema lenken. Politische Entscheidungsträger, Wissenschaftler und Umweltschützer setzten sich sowohl mit wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch mit politischen Fragen auseinander.

Anfang der 80er Jahre - Die Deregulierung des Marktes beginnt

In den 70er Jahren war die wirtschaftspolitische vorherrschenden Idee, dass es einen starken Staat gibt, der durch Eingriffe in den Markt für Vollbeschäftigung und wirtschaftlichen Aufschwung sorgt. Das System ist geprägt von einer Nachfrage- und Wachstumspolitik, in der durch höhere Löhne der Arbeitnehmer und staatliche Konjunkturprogramme mehr Kaufkraft und Konsum entstehen, von denen auch die Unternehmen profitieren. In Krisenzeiten war es üblich, Staatsschulden aufzunehmen und Konjunkturprogramme aufzulegen, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Anfang der 80er Jahre kam es jedoch aufgrund hoher Inflationsraten zu einer Umkehr dieser Denkweise und es wurden neue politische Antworten gesucht. Auslöser der Inflation war eine Drosselung der Ölförderung durch die OPEC-Staaten, um ein Druckmittel gegenüber dem Westen zu haben. Mit der Wahl von Margaret Thatcher 1979 in Großbritannien und Ronald Reagan 1980 in den USA kam es zum endgültigen Bruch mit der bisherigen Wirtschaftspolitik, da beide zur Bekämpfung der Inflation eine Deregulierung des Marktes forderten. Das Zeitalter des "laissez-faire"-Liberalismus beginnt.

In der Antrittsrede von Ronald Reagan wurde deutlich wie dieser Liberalismus aussehen sollte:

Wenn ich von Steuersenkungen spreche, denke ich daran, dass jede größere Steuersenkung in diesem Jahrhundert die Wirtschaft gestärkt, neue Produktivität erzeugt und am Ende neue Einnahmen für die Regierung gebracht hat, indem sie neue Investitionen, neue Arbeitsplätze und mehr Handel unter den Menschen geschaffen hat.

Somit wurde eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik mit geringeren Unternehmenssteuern und Lockerungen im Arbeits- und Umweltschutz gefördert. Diese Deregulierungsmaßnahmen sollten es den Unternehmen ermöglichen, effizienter, ungehemmter und mehr zu produzieren, was zu einem höheren Wirtschaftswachstum und damit zu mehr Wohlstand führen sollte. Durch die Öffnung der Märkte und den steigenden Konkurrenzdruck durch ausländische Unternehmen gerieten Gewerkschaften, die sich für nationale Regelungen wie Arbeitnehmerrechte einsetzten, zunehmend unter Druck. In der Folge verschob sich das Kräfteverhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern immer mehr auf die Seite der Arbeitgeber. Gleichzeitig wurden staatliche Wirtschaftsbereiche privatisiert und Subventionen abgebaut. So wurden unter Ronald Reagan Leistungen für die Entwicklung erneuerbarer Energien gestrichen2, um die Ausgaben des Staates zu senken und die Staatsverschuldung zu minimieren.

Eine weitere Maßnahme war die Deregulierung und Liberalisierung der Finanzmärkte. Dadurch wurde der Einfluss des Staates auf die Aufsichts- und Gestaltungsmacht im Finanz- und Bankensektor geschwächt. Letztlich ist auch die Finanzkrise 2008 auf diese Maßnahmen zurückzuführen.

Weiterhin wurde der Spitzensteuersatz in Großbritannien von 83 Prozent im Jahr 1975 auf nur noch 40 Prozent im Jahr 1989 gesenkt. Im gleichen Zeitraum sank der Spitzensteuersatz in den USA von rund 70 auf 28 Prozent. Um neue Einnahmen zu generieren, wurden indirekte Steuern wie die Mehrwertsteuer erhöht, die besonders untere Einkommensgruppen trifft. Kürzungen im Sozialstaat wurden beschlossen, die sich auf einen zentralen Gedanken des Liberalismus beruht, der mehr Eigenverantwortung und die Stärkung des Individuums fordert - jeder ist für sich selbst verantwortlich.
Die Folge war ein Anstieg der Ungleichheit zwischen Arm und Reich in den USA: Vor allem die obersten 1 Prozent konnten ihren Vermögensanteil am gesamten Privatvermögen von 24 Prozent (1989) auf 32 Prozent (2019) steigern. Gleichzeitig schrumpfte das Vermögen von 50 bis 90 Prozent der Amerikaner - von 35 Prozent im Jahr 1989 auf 28 Prozent im Jahr 20193

Auf internationaler Ebene setzte sich der Siegeszug des Neoliberalismus mit der Gründung des Währungsfonds und der Weltbank fort, die sich für den Schutz des Marktes und der Kapitalinteressen einsetzen.

Der "laissez-faire"-Liberalismus verbreitete sich auch in linken politischen Strömungen. Um die Jahrtausendwende regierten in den USA der Demokrat Bill Clinton, in Großbritannien Tony Blair von der Labour Party und in Deutschland Gerhard Schröder in einer rot-grünen Regierung. Sie alle folgten in ihrer Politik neoliberalen Ideen. Die Deregulierung des Arbeitsmarktes und die Einführung atypischer Beschäftigungsverhältnisse wie befristete Arbeitsverträge und Leiharbeit führten zu einem riesigen Niedriglohnsekto1.

Schlussendlich begünstigten auch diese Maßnahmen Unternehmen in ihrer Expansion und verstärkten deren Einfluss auf Politik und Öffentlichkeit, der bis heute ungebrochen ist. Die Ausweitung des "laissez-faire"-Liberalismus seit den 80er Jahren ist ein wesentlicher Grund für die unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen.

Die 80er - die Öl-Industrie positioniert sich gegen die Wissenschaft

In den 80er Jahren bestätigte die weltweite Forschung einen immer deutlicher werdenden Zusammenhang zwischen den vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen und der globalen Erwärmung. Auch die Ölkonzerne starteten große Forschungsprojekte zu diesem Thema. So gab Exxon Mobile, führend in der Klimaforschung, zeitweise bis zu 900.000 US-Dollar pro Jahr für die Erforschung von Treibhausgasen aus. Bereits im Jahr 1981 warnte Roger Cohen, ein hochrangiger Exxon-Wissenschaftler, in einem Memo davor, dass der Klimawandel "Auswirkungen haben könnte, die in der Tat katastrophal sein werden, zumindest für einen erheblichen Teil der Erdbevölkerung". 4 Obwohl sich die Wissenschaftler von Exxon über die Gefahren einig waren, gab der CEO eine Erklärung ab. Darin hieß es, die Wissenschaftler seien sich noch nicht sicher, ob die globale Erwärmung vom Menschen verursacht werde.2

Auch Shell kam 1988 zu einem ähnlichen Ergebnis: Laut einem vertraulichen Bericht des internen Umweltschutzausschusses konnte das ausgestoßene CO2 die Temperaturen in den nächsten 40 Jahren um 1 bis 2 Grad ansteigen lassen und forderte die Energiewirtschaft zum raschem Handeln auf. Weiter heißt es in dem Bericht: "Wenn die globale Erwärmung spürbar wird, könnte es bereits zu spät sein, um wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um die Auswirkungen zu verringern oder die Situation sogar zu stabilisieren"3

Zudem hatte sich die Politik Ende der 80er Jahre verändert. Der besonders heiße Sommer 1988 machte den Klimawandel zum Wahlkampfthema. So waren sich auch die konservativen Präsidenten der USA George H. W. Bush und Margreth Thatcher in den vereinigten Königreichen einig, dass etwas gegen die Erderwärmung getan werden sollte.2

Aus Angst vor schärferen Regulierungen und damit vor Gewinneinbußen lobbyierten die fossilen Energiekonzerne, um die öffentliche Meinung und die Politiker zu beeinflussen. (siehe Wirtschaftssystem )2

Die Einflussnahme der großen Mineralölkonzerne auf die öffentliche Meinung und die Politik reicht weit zurück. So versuchte Mobile, die später mit Exxon fusionierte, bereits 1970 mit Artikeln und Anzeigen gegen den "Clean Air Act" zu kämpfen.1

Eine weitere Taktik war die gezielte Förderung von Wissenschaftlern, deren Studien und Ausrichtung sich positiv auf die Ölindustrie auswirkten. Eigene Berichte hätten aufgrund des schlechten Rufs der Ölindustrie eine bedeutend geringere Glaubwürdigkeit gehabt. So standen sich dann Wissenschaftler, die von der Ölindustrie gesponsert wurden, und unabhängige Wissenschaftler gegenüber. Für den normalen Bürger sah es auch aufgrund der ausgewogenen Berichterstattung so aus, als wäre sich die Forschung in Bezug auf die Erderwärmung noch nicht einig. So konnte gezielt Verwirrung gestiftet werden. 6

In dem YouTube-Video Five Characteristics of Science Denial von DENIAL101X sind die Taktiken der Ölindustrie sehr gut erklärt.

Nähere Einblicke gibt auch das 1988 erschiene Memo von Exxon über den Treibhauseffekt in der die Taktiken dargelegt wurden, um gegen das steigende Umweltbewusstsein anzukämpfen:5

  • "die Unsicherheit der wissenschaftlichen Schlussfolgerungen in Bezug auf den potenziellen verstärkten Treibhauseffekt hervorheben"
  • "sich gegen die Übertreibung und Sensationalisierung des möglichen Treibhauseffekts zu wehren, der zu einer unwirtschaftlichen Entwicklung der nichtfossilen Brennstoffressourcen führen könnte."

Auszug aus dem Exxon-Memo über den Treibhauseffekt

Exxon-Position 1988
Exxon-Position 1988

Um noch effektiver Einfluss nehmen zu können, wurde 1989 die Lobbygruppe Global Climate Coalition (GCC) von verschiedenen amerikanischen Industriekonzernen gegründet. Ziel war es, die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die globale Erwärmung in Frage zu stellen und Maßnahmen zur Emissionsminderung zu verzögern. Exxon, Shell und BP traten der Gruppe 1993-94 bei3 Dass die Koalition sogar gegen ihre eigenen wissenschaftlichen Experten handelte, zeigt ein geleakter Bericht aus dem Jahr 1995, indem darauf hingewiesen wurde, dass "die wissenschaftliche Grundlage für den Treibhauseffekt und die potenziellen Auswirkungen menschlicher Emissionen von Treibhausgasen wie CO₂ auf das Klima gut belegt sind und nicht geleugnet werden können".7

1987 – das Montreal-Protokoll: ein großer Erfolg

Das Montrealer Protokoll ist ein umweltrechtlicher Vertrag, der die Staaten verpflichtet "geeignete Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor schädlichen Auswirkungen zu treffen, die sich aus menschlichen Tätigkeiten ergeben, die die Ozonschicht verändern". Neben dem Wiener Übereinkommen von 1985, auf dem das Montrealer Protokoll aufbaut, ist es der einzige UN-Vertrag, der von allen 197 UN-Mitgliedsstaaten unterzeichnet wurde - mit großem Erfolg: Weltweit ist die Menge der ozonschädigenden Stoffe in der Atmosphäre innerhalb weniger Jahre deutlich zurückgegangen. Da zu diesen Stoffen auch Fluorkohlenwasserstoffe gehören, die zum Teil eine starke Treibhauswirkung haben, war dies zugleich - wenn auch unbeabsichtigt - ein wirksamer Schritt zu mehr Klimaschutz.

deutsche Unterschrift unter dem Montreal-Protokoll

Montreal-1987

1988 & 1990 - Gründung und erster Report des IPCC

Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wurde 1988 von UNEP und der Weltorganisation für Meteorologie ins Leben gerufen. Seine Aufgabe besteht darin, "einen umfassenden Überblick über den Stand der wissenschaftlichen Kenntnisse über den Klimawandel, die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels sowie über mögliche Reaktionsstrategien und Elemente zu geben, die in ein mögliches künftiges internationales Klimaabkommen aufgenommen werden könnten, und entsprechende Empfehlungen auszusprechen"

In seinem ersten Report schreibt der IPCC:

"Wir sind uns der folgenden Dinge sicher:

- Es gibt einen natürlichen Treibhauseffekt, der die Erde bereits wärmer hält, als sie es sonst wäre;

-die durch menschliche Aktivitäten verursachten Emissionen erhöhen die atmosphärischen Konzentrationen der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan, Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und Distickstoffoxid erheblich. Dieser Anstieg wird den Treibhauseffekt verstärken und im Durchschnitt zu einer zusätzlichen Erwärmung der Erdoberfläche führen. Das wichtigste Treibhausgas, der Wasserdampf, wird als Reaktion auf die globale Erwärmung zunehmen und diese weiter verstärken."

Auch die Einschätzungen des IPCC-Berichts von 1990 sind eingetreten:

"Auf der Grundlage der aktuellen Modellergebnisse sagen wir voraus:
Unter dem IPCC Buisness-as-usual (Szenario A): Emissionen von Treibhausgasen werden zu eine Anstiegsrate der globalen Durchschnittstemperatur im nächsten Jahrhundert von etwa 0,3°C pro Jahrzehnt führen"
[Stand jetzt: 0,2°C pro Jahrzehnt] "(mit einem Unsicherheitsbereich von 0,2°C bis 0,5 °C pro Jahrzehnt) ; dies ist höher als die als in den letzten 10 000 Jahren. Dies wird zu einem wahrscheinlichen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur von etwa 1°C über dem heutigen Wert bis 2025" [Stand 2020: 1,28 °C] "und 3° C vor dem Ende des nächsten Jahrhunderts."" [Stand jetzt: 2,7 °C] "Der Anstieg wird nicht gleichmäßig sein aufgrund des Einflusses anderer Faktoren;"

Die 90er: Die fossile Industrie im Angriffsmodus

Mit den ersten IPCC-Berichten und den immer lauter werdenden politischen Forderungen nach mehr Klimaschutz, insbesondere im Rahmen des Kyoto-Protokolls, sah sich die fossile Industrie zum Handeln gezwungen. Die von Industrieunternehmen neu gegründete Global Climate Coalition verfolgte das Ziel, Klimaschutzmaßnahmen zu verhindern und durch Desinformationskampagnen die öffentliche und politische Meinung zu beeinflussen. Durch gezielte Werbung in Radio und Zeitschriften sollten vor allem ältere und bildungsferne Menschen angesprochen und Klimaschützer diffamiert werden.

Anzeige der Ölindustrie

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Darunter war auch Benjamin Santer, Hauptautor des Kapitels über die Ursachen des Klimawandels im zweiten IPCC-Bericht. In einem Newsletter wurde er der "wissenschaftlichen Säuberung" bezichtigt. Begründet wurde dies damit, dass alle wissenschaftlichen Unsicherheiten im IPCC-Bericht "bereinigt" worden seien. Tatsächlich befassen sich aber ca. 20% des Kapitels mit genau diesen Unsicherheiten. Ein republikanischer US-Politiker übte zusätzlich Druck aus, indem er die Finanzierung der wissenschaftlichen Arbeit in Frage stellte.

Artikel über IPCC-Kritik von Fred Seitz

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In ähnlicher Weise wurde Benjamin Santer in einem Artikel von Fred Seitz im Wall Street Journal vorgeworfen, das "peer review"-System, also die Überprüfung durch andere Wissenschaftler, zu missbrauchen. Die Aussagen von Fred Seitz - obwohl kein Klimawissenschaftler - wurden kaum hinterfragt, da er der ehemalige Chef der "National Academy of Sciences" war. Dies geschah, obwohl bereits bekannt war, dass er für die Tabakindustrie gearbeitet hatte, um die Abhängigkeit von Krebs und Rauchen herunterzuspielen. Er war auch der Autor einer Studie über die globale Erwärmung, die nicht durch ein Peer-Review-Verfahren geprüft und von seinem eigenen, von Ölkonzernen gesponserten Think Tank, dem George C. Marshal Institute, veröffentlicht wurde. Die Studie behauptete, dass die globale Erwärmung auf natürliche Schwankungen der Sonneneinstrahlung und nicht auf Treibhausgasemissionen zurückzuführen sei.

Auflistung von Taktiken um Zweifel an der Erderwärmung zu schüren

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Geldforderung von Fred Singer an die GCC

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Neben Fred Seitz war insbesondere auch Fred Singer ein Wissenschaftler, der für seine Aussagen Geld von der Öl-Lobby erhalten hatte. Im Jahr 2019 wurde ein Dokument aus dem Jahr 1994 veröffentlicht, in dem der Atmosphärenphysiker Fred Singer explizit Geldforderungen an die Global Climate Coalition stellte. Darunter zählten unter anderem:

  • 15.000 USD für
    IPCC-Kritik
    -Vorbereitung und Druck der IPCC-Kritik
    -Honorare für Fachgutachter

  • 5.000 USD für
    Stellungnahme zu Treibhausgasen
    -Abfassung der Erklärung
    -Versendung an ca. 500 Wissenschaftler
    -Analyse und Veröffentlichung der Stellungnahme

Ein weiteres Beispiel für die gezielte Förderung fragwürdiger Behauptungen ist Willie Soon, der für das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics arbeitete. Auch er veröffentlichte Berichte, in denen Änderungen der Sonnenaktivität als Ursache für die globale Erwärmung genannt wurden. Das Harvard-Smithsonian Center wurde zu dieser Zeit mit über einer Million Dollar von Firmen gesponsert, die mit fossilen Brennstoffen Profite machten. Dazu gehörten neben der Southern Company und der Exxon Mobile Foundation auch das American Petroleum Institute, ein Zusammenschluss von 600 Gas- und Ölfirmen.

In einem Dokument der Lobbygruppe "Informed Citizens of the Environment" wurden die Strategien vorgestellt, mit denen gegen die Wissenschaft gearbeitet werden sollte. Hauptziel war es, die wissenschaftlichen Fakten über die globale Erwärmung in Frage zu stellen.

Strategien um die Öffentlichkeit zu beeinflussen

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1991 - Gründung der Global Environment Facility

Die "Global Environment Facility" (GEF) ist einer der wichtigsten Fonds zum Schutz der globalen Umwelt. "In den letzten drei Jahrzehnten hat die GEF mehr als 22 Milliarden Dollar an Zuschüssen und Mischfinanzierungen bereitgestellt und weitere 120 Milliarden Dollar an Kofinanzierungen für mehr als 5.000 nationale und regionale Projekte sowie 27.000 von Gemeinden getragene Initiativen im Rahmen ihres Programms für kleine Zuschüsse mobilisiert."

1992 - Second Earth Summit in Rio de Janeiro & Gründung des UNFCCC

Rund 175 Staaten nehmen an der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro teil, die nach Stockholm 1972 auch als "Second Earth Summit" bezeichnet wird. Aus dieser Konferenz gehen folgende Maßnahmen hervor

  • Übereinkommen zu Umwelt und Entwicklung – kurze Satzung über Nachhaltigkeitsstrategien
  • Agenda 21: ein Aktionsplan mit Empfehlungen an die Regierungen
  • Übereinkommen zu nachhaltigen Wald-Strategien: Rechtsverbindlichkeit scheitert am Widerstand der Entwicklungsländer

  • Übereinkommen zur Biodiversität - ein rechtsverbindlicher internationaler Vertrag*, er wurde von allen Ländern mit Ausnahme der Vereinigten Staaten von Amerika unterschrieben
  • Rahmenvertrag zum Klimawandel (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) – ein rechtsverbindlicher internationaler Vertrag*
  • Einrichtung einer Kommission für nachhaltige Entwicklung zur Überwachung der Fortschritte bei der Umsetzung der der Rio-Erklärung

Einer der wichtigsten Punkte war jedoch die Gründung des United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) – einer Organisation mit dem gleichen Namen wie die Rahmenkonvention, die den Auftrag hat, die zur Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen auf einem Niveau zu halten, das eine gefährliche vom Menschen verursachte Störung des Klimasystems verhindern würde.4 Aus heutiger Sicht blieb dieser Auftrag unerfüllt. Ein stabiles Klima wäre bei einem Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre von ungefähr 350ppm gewährleistet, im Jahr 2019 betrug die Konzentration bereits 419ppm.

Aus der UNFCC ergab sich auch die Konferenz der Vertragsparteien COP (Conference of the Parties), das oberste Gremium der UNFCC. Sie tagt seit 1995 jährlich in einem anderen Land zum Weltklimagipfel. Ihre Aufgabe ist es, den internationalen Klimaschutz weiterzuentwickeln, Folgeabkommen zu beschließen und die Einhaltung der Vereinbarungen zu überprüfen.8

Neben einigen Erfolgen, die vor allem im gestiegenen Umwelt- und Klimabewusstsein der Gesellschaft zu sehen sind, gab es jedoch auch erhebliche Kritikpunkte, die sich auf alle Folgekonferenzen übertragen lassen. Geoffrey Palmer beschreibt die schwerfällige Entscheidungsfindung der verschiedenen Staaten sehr eindrücklich in seinem Artikel "The Earth Summit: What Went Wrong at Rio?":

"Themen werden oft bis zur Erschöpfung diskutiert, und es gibt häufig kaum Fortschritte bei der Entwicklung von Strategien. Die Zeit ist in der Regel sehr knapp bemessen, und solche internationalen Treffen sind äußerst schwierig zu führen. Es wäre schon schwierig, bei einer internationalen diplomatischen Zusammenkunft nur alleine die Zustimmung von 180 Nationen zu erreichen, dass die Erde rund ist, geschweige denn, welche Schritte zu ihrer Erhaltung unternommen werden müssen. Bruce Babbit hat die Verhandlungen in Rio treffend als 'einen chaotischen Prozess beschrieben, der eher einer Straßenschlägerei als einem diplomatischen Treffen glich.'"

Daneben meint er, dass "Nationen in der Regel "Soft-Law"-Dokumente bevorzugen; sie stimmen gerne hochtrabenden Grundsatzbeschlüssen zu, die sie später nicht zu ganz konkreten Handlungen verpflichten."

*Deswegen sind selbst die rechtsverbindlichen Verträge sehr allgemein gehalten wie z.B. der 1. Grundsatz bei der "Rio Declaration On Environment And Development" zeigt:

"Der Mensch steht im Mittelpunkt der Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung. Er hat ein Recht auf ein gesundes und produktives Leben im Einklang mit der Natur."

Ein weiteres messbares Indiz ist das häufige Vorkommen des nichtssagenden Wortes "appropriate" (im deutschen: angemessen). Allein in der 25-seitigen "United Nations Framework Convention on Climate Change" kommt es 23 Mal vor.7

Daraus ergibt sich auch der Hauptkritikpunkt, dass es keine bindende Verpflichtung der Staaten gibt. Der Grund dafür ist, dass sich die Länder auf ihre Souveränität berufen und keine „von oben“ diktierten Befehle befolgen möchten. Besonders die USA haben sich erfolgreich gegen die Forderung der Begrenzung der Kohlendioxidemissionen sowie dem Vertrag zur Biodiversität eingesetzt. Die Bush-Regierung wollte somit schaden am Amerikas Wirtschaftswachstum und industrielle Leistung abwenden.

So einigte man sich auf das umständlich formulierte Ziel, die Treibhausgasemissionen bis zur Jahrhundertwende auf das "frühere Niveau" zu reduzieren. Alle wichtigen Teilnehmer akzeptierten diese Vereinbarungen, so dass am 9. Mai 1992 in Rio ein Vertrag unterzeichnet werden konnte.

Daneben wurde bereits auf der Rio-Konferenz kritisiert, dass die Reden der führenden Politiker der Welt, nicht deren Taten entsprächen.3

Auch die Rede der 12-jährigen Severn Cullis-Suzuki, die für die Environmental Children's Organization in Rio 92 sprach, ruft heute einen Déjà-vu-Effekt hervor. Sie erinnert stark an die Rede von Greta Thunberg vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2019.

1997 - das Kyoto Protokoll

Auszug aus dem Handbuch zum Kyoto-Protokoll

Kyoto-1997

Das Kyoto-Protokoll wurde auf der dritten COP am 11. Dezember 1997 verabschiedet. Aufgrund eines komplexen Ratifizierungsprozesses trat der Vertrag erst am 16. Februar 2005 in Kraft. Derzeit gibt es 192 Vertragsparteien des Kyoto-Protokolls.1Im Kyoto Protokoll verpflichteten sich die Industriestaaten, ihre Treibhausgasemissionen im ersten Verpflichtungszeitraum von 2008 bis 2012 um mindestens 5 % unter das Niveau des Jahres 1990 zu senken.2

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft verpflichteten sich zu einer Minderung ihrer Emissionen um 8 %. Die interne Verteilung war jedoch unterschiedlich: So hatte Deutschland einen Reduktionspfad von 21 Prozent gegenüber 1990, während Portugal seine Emissionen im gleichen Zeitraum um 27 Prozent steigern durfte. Deutschland konnte seine Ziele mit einer Reduktion von 22 Prozent erreichen3 , profitierte dabei aber auch stark von Wiedervereinigungseffekten, da ein Großteil der Industrie in den neuen Bundesländern stillgelegt wurde.4

Die Treibhausgasemissionen konnten durch unterschiedliche Weise reduziert werden:7

  • Emissionshandel zwischen den Vertragsparteien
  • Clean Development Mechanism (CDM) - Investitionen in nachhaltige Projekte um die Emissionen in Entwicklungsländern zu reduzieren
  • Joint Implementation (JI) - JI ermöglicht es Industrieländern, gemeinsam mit anderen Industrieländern (in der Regel Ländern mit Schwellenländern) Projekte durchzuführen

Ein Hauptproblem beim Kyoto-Protokoll war jedoch, dass sich die Länder mit besonders hohen Treibhausgasemissionen nicht beteiligten: die USA verweigerte die Unterschrift, mit der Begründung, dass Industrienationen bei der Reduktion des Treibhausgasausstoßes eine größere Last tragen als Entwicklungsländer.5 Schwellenländer wie China oder Indien waren von etwaigen Klimazielen ganz ausgenommen. Entgegen den Bestrebungen die Treibhausgasemissionen weltweit zu reduzieren stiegen sie deshalb zwischen 1990, dem Bezugsjahr des Kyoto-Protokolls, und 2008 um 34 Prozent.8

Auf der 18.COP in Doha bzw. der 8. Zusammenkunft aufgrund des Kyoto Protokolls wurde 2012 ein weitere Redzuierung in einem 2.Vergleichszeitraum beschlossen. Dieser soll den Zeitraum 2013 bis 2020 abdecken um den Beginn des neuen globalen Übereinkommens von Paris zu überbrücken. Die teilnehmenden Länder haben sich darauf geeinigt, ihre Treibhausgasemissionen um mindestens 18% unter das Niveau von 1990 zu senken. Da jedoch einige Länder wie Kanada, Japan, Russland, Weißrussland, die Ukraine, Neuseeland und die USA nicht teilnehmen und Entwicklungsländer wie China, Indien und Brasilien im Rahmen des Kyoto-Protokolls ohnehin von Emissionsminderungen ausgeschlossen waren, beschränkt sich die Reduktion auf lediglich 15 % der weltweiten Kohlendioxidemissionen.

Die 2000er bis heute - Leugnen als Teil der politischen Identität

In den USA haben Unternehmen wie ExxonMobil und insbesondere Koch Industries zu Beginn des Jahrtausends einen unermüdlichen Kampf um Einfluss auf Politik und Öffentlichkeit geführt. Dies spiegelt sich in den erheblichen finanziellen Aufwendungen für Lobbyarbeit wider. Zwischen 2005 und 2008 gab Koch Industries einschließlich seiner Tochtergesellschaften 24,9 Millionen US-Dollar für Lobbying aus, während Exxon Mobile im gleichen Zeitraum 8,9 Millionen US-Dollar investierte.

Mit Erfolg: 2007 glaubten 77 Prozent der Amerikaner laut dem Pow Research Center, dass es starke Beweise dafür gibt, dass die globale Erwärmung real ist. Dieser Wert fiel auf 57 Prozent im Jahre 2009. Hilfreich für fossile Interessengruppen war - neben verschiedenen Deregulierungsmaßnahmen - dass der Oberste Gerichtshof der USA im Jahr 2010, die Gesetze zur Wahlkampffinanzierung aufhob. Nun war es möglich, unbegrenzt politische Kampagnen zu finanzieren. Weiter begünstigte den Erfolg der Unternehmenslobbys, dass es ein enormes Gefälle in den Lobbyausgaben zwischen Unternehmen und anderen Interessengruppen wie Umweltverbänden gab. Laut dem Politologen Lee Drutman betrug im Jahr 2008 das Verhältnis 35 zu 1. Dadurch kam es zu entscheidenden Einflussnahmen auf das Weiße Haus. Im Jahr 2007 stellte ein Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses fest: "Es gab systematische Bemühungen des Weißen Hauses, die Bedeutung des Klimawandels durch die Bearbeitung von Berichten herunterzuspielen". Beispielsweise forderten Lobbyisten von Exxon Mobile das Weiße Haus direkt auf, den Leiter des amerikanischen IPCC-Berichts durch eine andere Person zu ersetzen.

Wie erfolgreiche Einflussnahme aussieht, zeigt der Kampf von Koch Industries gegen Barrack Obama (Präsident der USA 2008-2016). Charles Koch, CEO von Koch Industries, sah sein Geschäftsmodell und seine libertäre Grundhaltung durch Obamas Forderungen nach mehr Regulierung, Besteuerung von Kohlendioxidemissionen und mehr Subventionen für erneuerbare Energien gefährdet.

Die Demokratische Partei hatte einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der die Einführung eines Emissionshandelssystems ("Cap-and-Trade") nach dem Vorbild der EU vorsah. Unternehmen, die durch die Einführung des Gesetzes Gewinneinbußen befürchteten, versuchten mit allen Mitteln, die Umsetzung zu verhindern. Koch Industries hatte sich über die Jahre ein sehr gutes Netzwerk aufgebaut und erhöhte seine Ausgaben für Lobbyverbände und politische Kampagnen, insbesondere für die Organisation Americans For Prosperity (2007: 5,7 Millionen USD, 2010: 17,5 Millionen USD). Ziel war es, Druck auf Republikaner auszuüben, die Klimaschutzmaßnahmen befürworten. Die Wahlkampfunterstützung dieser Republikaner wurde von Koch Industries eingestellt. Außerdem finanzierte und infiltrierte das Unternehmen Vereine, wie die rechtsgerichtete Tea-Party Bewegung. Für die Anhänger der Tea-Party Bewegung, die anfangs zwar durchaus für Sozialprogramme, aber gegen Ausländer (Obama, als schwarzer Präsident) und das "Establishment" waren, gab es nun ein neues Thema: Die menschengemachte Erderwärmung anzuzweifeln. Durch die gezielte Ausbildung über Americans for Prosperty wurden moderate Republikaner mit Telefonanrufen und Emails durch die Tea-Party Bewegung unter Druck gesetzt. Ein weiteres Mittel war die Organisation von Bussen, mit denen Klimaleugner zu Veranstaltungen moderater Republikaner gefahren wurden, um dort für ihre Sache zu werben - was die Besucherzahlen enorm steigerte. Darüber hinaus wurden erfolgreich eigene politische Kandidaten aufgebaut, die gegen - aus ihrer Sicht - zu moderate Republikaner antraten.

Um das Emissionshandelsgesetz zu verhindern, setzte Koch Industries zudem auf die Taktik der "Echokammer": Über das gesamte Netzwerk, insbesondere über die gesponserten Think Tanks und deren Wissenschaftler, wurden Studien in die Öffentlichkeit getragen, die die menschengemachte Erderwärmung in Frage stellten. Dadurch konnten die Republikaner bei den Zwischenwahlen 2010 starke Zugewinne erzielen. Von 85 neu gewählten Republikanern hatten sich 76 dem "Carbon Pledge" von Americans For Prosperity angeschlossen. Sie schworen, dass sie niemals einem Gesetz zustimmen würden, welches Steuern aufgrund des Kilmaschutzes erheben würde. Laut dem Investigation Reporting Workshop der American University hatten 56 der 76 Republikaner Wahlkampfunterstützung von Koch Industries erhalten.

Das Gesetz zum Emissionshandel wurde nie verabschiedet.

Die Finanzierung rechter Republikaner und der gleichzeitige Druck auf moderate Republikaner haben die Ausrichtung der Republikanischen Partei grundlegend verändert. Der fossilen Industrie ist es in den letzten 30 Jahren gelungen, wissenschaftsfeindliche Aussagen zum Klimawandel als Kern der rechten Identität der Republikanischen Partei zu verankern. Darüber hinaus finanziert sie zahlreiche Politiker der Demokratischen Partei, um auch dort ihren Einfluss geltend zu machen.

Christopher Leonard - Kochland (Buch)

Ezra Klein - der tiefe Graben (Buch)

BBC 4 - How they make us doubt everything Ep.10

2009 - (k)ein Abkommen in Kopenhagen

Die große Hoffnung für die 15. Vertragsstaatenkonferenz in Kopenhagen war es, ein verbindliches Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll zu erreichen. Es sollte ein konkretes Reduktionsziel für Treibhausgase bis 2050 enthalten. Mit 115 Staatsoberhäuptern und rund 40.000 Teilnehmern war es eine der größten Konferenzen außerhalb des UN-Hauptquartiers in New York und leider auch die mit dem schwächsten Ergebnis. So wurde das Abkommen weder angenommen noch abgelehnt, sondern lediglich "zur Kenntnis genommen", bevor es fast vollständig scheiterte. Ein entscheidender Grund dafür war, dass sich die Entwicklungsländer übergangen fühlten, da die Industrieländer im Hinterzimmer verhandelten und die Entwicklungsländer vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Hinzu kam, dass die Zeit für die Überprüfung der Ergebnisse für die Entwicklungsländer sehr kurz war. Obwohl die Entwicklungsländer von den Reduktionszielen ausgenommen wurden, blockierten insbesondere China und Indien ein festes Reduktionsziel mit der etwas absurden Begründung, dass sie in Zukunft den Status eines Industrielandes erreichen würden und dann die Reduktionsziele wieder gelten würden. Darüber hinaus wurde die gesamte Konferenz von zahlreichen undichten Stellen überschattet, die Informationen an die Presse durchsickern ließen.1

Die wichtigsten Beschlüsse des nur zweieinhalb seitigem, sehr vage formulierten und nicht bindenden Kompromisses waren:

  • den globalen Temperaturanstieg auf 2 Grad Celsius zu begrenzen
  • Im Zeitraum 2010-2012 sollen die Industrieländer 30 Milliarden Dollar zur Unterstützung der Entwicklungsländer bereitzustellen
  • Bis 2020 sollen jährlich 100 Milliarden Dollar an öffentlichen und privaten Finanzmitteln von Industrieländer zur Finanzierung von Maßnahmen zum Klimaschutz und -anpassung in Entwicklungsländern bereitgestellt werden
  • Einrichtung eines neuen Klimafonds

Die 2010er bis heute - Europa und die Gaslobby

Selbst die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 hatte kaum Auswirkungen auf die Ausrichtung der Energieversorgung bzw. -beschaffung der Europäischen Union. Statt die Abhängigkeit von Russland oder Staaten des Nahen Ostens durch den Ausbau erneuerbarer Energien zu reduzieren, wurde genau das Gegenteil erreicht: Von 2013 bis 2021 erhöhte sich der Gasverbrauch aus Russland um das Doppelte von 20% auf 40%.

Die Erklärung für dieses moralische und strategische Fehlverhalten liegt neben den niedrigen Gaspreisen und dem Einfluss Russlands zu einem großen Teil in der Macht der Gaslobby in der EU. Durch ihre Mitgliedschaft in der durch EU-Recht geschaffenen Gruppe ENTSO-G, dem Verband der europäischen Fernleitungsnetzbetreiber, konnten die Gasunternehmen in die EU-Politik eingreifen. Durch die systematische Überschätzung des Gasbedarfs durch den Verband profitierten die Unternehmen von den entsprechenden Infrastrukturprojekten: 90% der Gelder für die Projekte gingen an ENTSO-G-Mitglieder.

Ein weiterer Punkt ist die enorme Lobbyarbeit der fossilen Industrie in der EU. Zwischen 2015 und 2021 haben die Unternehmen Shell, BP, Total, Equinor, ENI und Galp sowie fünf ihrer Lobbygruppen über 170 Millionen für Lobbyarbeit ausgegeben und 568 Treffen mit hochrangigen Beamten der Europäischen Kommission abgehalten. Darüber hinaus gab es 71 Fälle, in denen Mitglieder der Industrie und der Politik die Seiten gewechselt haben. Einen großen Erfolg konnte die Gaslobby feiern, als die EU-Institutionen Gas in ihren Empfehlungen für Finanzinvestitionen als „nachhaltig“ deklarierten.

Die ohnehin hohen Gas- und Ölpreise sind durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine stark gestiegen. Davon konnte die fossile Industrie weiter profitieren. Ab Februar 2022 gab es durchschnittlich jeden zweiten Tag ein Treffen zwischen der fossilen Brennstoffindustrie und hochrangigen Vertretern der Europäischen Kommission. Die Gewinne von Shell, TotalEnergies, Eni und Repsol beliefen sich bis September 2022 auf 78 Milliarden Euro.

Laut dem Climate Action Tracker könnten die derzeit im Bau befindlichen LNG-Kapazitäten und ihre Erweiterungspläne die Emissionen im Jahr 2030 um mehr als 1,9 Gt CO2e pro Jahr über das Emissionsniveau hinaus erhöhen, das dem Netto-Null-Szenario der Internationalen Energieagentur IEA entspricht.

Insbesondere in Deutschland sind zahlreiche energieintensive Unternehmen aus den Bereichen Stahl, Chemie und Zement ansässig, die einen entsprechend hohen Gasverbrauch aufweisen. Im Jahr 2021 investierten diese Unternehmen mehr als 40 Millionen Euro in ihre Lobbyarbeit und beschäftigten rund 410 Lobbyisten.

Die NGO Lobbycontrol schreibt in ihrem Bericht "Die Macht der Gaslobby in Deutschland":

Die Gasindustrie hat durch irreführendes Framing Gas als „sauberen Energieträger“ und „Brückentechnologie“ inszeniert. Dazu beigetragen haben teure Kampagnen eigens engagierter Lobbyagenturen. Wichtige politische Entscheidungsträger:innen wie der frühere Wirtschaftsminister Peter Altmaier haben dieses Framing übernommen und ihre Energiepolitik daran ausgerichtet: Milliardeninvestitionen in Gasinfrastruktur wurden in den letzten Jahren in Deutschland getätigt. Wenig Gewicht wurde auf die Frage gelegt, wie der Ausstieg aus dem Gas schnellstmöglich machbar ist. Kaum eine Rolle in der politischen Debatte spielt auch die klimaschädliche Wirkung von Methan, das beim Fördern und Transport von Gas frei wird. Mit dem Framing „grünes Gas“ stellt die Gasindustrie Gas auch als Energie der Zukunft und Teil der Lösung für den Klimaschutz dar. Dabei werden auch Gase unter diesem Begriff zusammengefasst, die auf Basis von Erdgas hergestellt werden. Ihre Klimaneutralität soll durch Technologien geschaffen werden, die umstritten oder noch gar nicht marktreif sind. Diese irreführenden Erzählungen der Gaslobby sind auch weiterhin im politischen und öffentlichen Raum wirkmächtig.

Laut dem aktuellsten Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) von 2021 ist das Treibhauspotenzial von Methan im 100-Jahres Vergleich 28-mal stärker als das von CO2.

Darüber hinaus gibt es eine starke Einflussnahme auf die Wasserstoffpolitik. Insbesondere in den Anwendungsbereichen Wärmegewinnung und Verkehr versuchen Lobbyorganisationen, unterstützt von Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft, das Thema Wasserstoff voranzutreiben, obwohl es dafür weder eine wissenschaftliche noch eine wirtschaftliche Grundlage gibt. In diesen beiden Bereichen wäre Wasserstoff im Gegensatz zu elektrischen Alternativen ineffizient und teuer, da Wasserstoff erst mit erheblichen Umwandlungsverlusten aus Ökostrom hergestellt werden müsste. Fossile Industrieunternehmen lobbyieren dennoch dafür, weil sie den Übergang zu elektrischen Alternativen verzögern und so ihre bestehenden Geschäfte und Profite weiterführen können. Dabei hilft ihnen die Verwirrung, die durch die Förderung von Wasserstoff im Wärme- und Automobilbereich in der Öffentlichkeit und Politik gestiftet wird.

Im Verkehr würden dann weiterhin überwiegend Verbrennungsmotoren genutzt werden. Zum Vergleich: Der Anteil von Mineralölprodukten am Verkehr in Deutschland liegt immer noch bei 92 Prozent.

Der Grund für die Lobbyarbeit im Wärmesektor ist, dass die Gasleitungen, die z.B. den Stadtwerken gehören, bei einem steigenden Anteil von Elektroheizungen zunehmend nutzlos würden. Wasserstoff hingegen könnte nur bis zu 5% in die bestehenden Gasleitungen eingespeist werden.

Setzt sich die Gaslobby mit ihren Forderungen nach ineffizienter Wasserstoffnutzung im Wärme- und Automobilbereich durch, zahlt der Verbraucher die enormen Kosten.

2015 - die Paris Vereinbarung

Neben dem Montreal-Protokoll (1987), der Gründung der UNFCCC (1992) und dem Kyoto-Protokoll (1997) kann die 21. COP in Paris als ein weiterer Erfolg für die Klimaschutzbemühungen gesehen werden. Im Gegensatz zu der gescheiterten COP in Kopenhagen, waren die Voraussetzungen in Paris deutlich vielversprechender. Die Preise für erneuerbaren Energien waren stark gesunken und teilweise schon billiger als fossile Energiequellen. Zudem waren Länder, die zuvor blockiert hatten, aus verschiedenen Gründen zu Eingeständnissen bereit. Beispielsweise hatten die Menschen in chinesischen Städten mit enormer Luftverschmutzung zu kämpfen, was zu Protesten der wachsenden Mittelschicht führte. China hatte daher bereits eine Vorreiterrolle im Bereich der erneuerbaren Energien eingenommen. Ein weiterer Grund, der die Ergebnisfindung erleichterte, war dass die teilnehmenden Länder nicht nur Ratifizierung des Protokolls gezwungen wurden. Die Umsetzung der Ergebnisse erfolgte von nun an auf freiwilliger Basis. Man setze auf nationale Klimaschutzpläne (Nationally Determined Contributions - NDC) der einzelnen Länder, die unabhängig von ihrem jeweiligen Umsetzungszeitrahmen in aktualisierter Form alle fünf Jahre vorzulegen sind (z. B. 2020, 2025, 2030). Die Vertragsstaaten müssen ab 2024 transparent über ihre NDCs berichten, die dann von einer unabhängigen Organisation überprüft werden.1,2,4

allNDCs

Als Ergebnis verabschieden 195 Staaten das weltweit erste universelle und rechtsverbindliche Klimaabkommen. Ziel ist es, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 °C, möglichst auf 1,5 °C, gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Die vorgelegten NDCs reichen jedoch nicht aus, um die vereinbarten Temperaturziele zu erreichen. So sehen 43% aller NDCs keine weiteren Klimaschutzmaßnahmen vor.

Im Gegensatz zu den Verpflichtungen, die in Paris 2015 mit den Intended Nationally Determined Contributions (INDCs), also den beabsichtigten Klimaschutzplänen gegeben wurde, sind die aktualisierten NDCs 2020 ambitionierter. Mit den neuen Verpflichtungen würde relativ zu 1990 die Treibhausgasemissionen bis 2030 nur noch um 60% anstatt 70% steigen. Der Climate Action Tracker geht bei diesen NDCs von einer Erhöhung der Temperatur bis 2100 um 2,4°C aus.2,3,6

NDC-future

Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 zu senken und die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.5

NDC-Germany